Pessac - Leben im Labor
Stereo, Digi Beta, 16:9
Synopsis
"Pessac doit être un laboratoire" - mit diesen Worten beauftragte Henri Frugès Le Corbusier mit dem Bau einer Siedlung für seine Fabriksarbeiter in der Nähe von Bordeaux - ein frühes Projekt des sozialen Wohnungsbaus mit großen Ambitionen. Das Experiment beginnt mit der Planung der Siedlung: der Schreibtisch des Architekten wird zum Labor für innovative Architektur. Auch die Baustelle ist ein Labor: mit der seriellen Fertigung der Häuser aus Betonfertigteilen hat noch niemand Erfahrung. Und schließlich ist es fertig, das Labor für bessere Menschen: Einfache Arbeiter sollen in ihrer Freizeit gleichen Komfort und gleiche optische Schönheit genießen wie die Reichen - damit auch sie mehr Sinn für guten Geschmack entwickeln, gesünder leben und sich selbst entfalten können. Durch finanzielle Anreize werden die Kaninchen/Bewohner in die Käfige/Häuser gelockt ...
"Pessac - Leben im Labor" zeichnet anhand der Erzählungen mehrerer Bewohner-Generationen und Innen- und Außenaufnahmen nach, wie sich der Versuch über die Jahre entwickelt hat: wie sich die "Kaninchen" gegen die vorgegebenen Konditionen auflehnten, die Versuchsanordnung änderten, und heute die Folgegeneration die alten Zeiten zurücksehnt. Im Film kommen Bewohner zu Wort, die Wände eingezogen und Fenster verkleinert haben - und heute noch auf Le Corbusier schimpfen. Ihnen stehen meist jüngere Hausbesitzer gegenüber, die, fast 80 Jahre nach dem Bau der Siedlung, dem Genie Le Corbusiers huldigen und bis hin zu Möbeln und Bildern dem Geschmack des Architekten entsprechen wollen.
Der Gedanke des groß angelegten Labor-Versuchs spiegelt metaphorisch die Beziehung der Bewohner zu ihren Häusern und im weiteren Sinne zur Architektur wieder: Kann man jemandem die eigene, "bessere" Ästhetik aufzwingen? Wie kann Architektur den Bedürfnissen der Menschen entsprechen? Dient Architektur dem Bewohner oder der Selbstverwirklichung des künstlerischen Genies? Welche Gesellschafts- und Machtstrukturen stehen hinter unserer modernen Bauweise? Muss sich der Mensch den Plänen des Architekten fügen? - oder anders gefragt: wie sähen Siedlungen aus, wenn jeder nach seinem Geschmack drauf los baut?
Fragen, die nicht an den Grenzen dieser Siedlung Halt machen, sondern unser alltägliches Leben prägen: soziale Wohnbauprojekte mit ähnlichen Ambitionen wie in Pessac sprießen aus dem Boden.
"Pessac - Leben im Labor" versucht, an einem außergewöhnlichen historischen Beispiel Antworten auf diese Fragen zu finden.
Credits
Regie, Buch, Ton:
Claudia Trinker, Julia Zöller
Kamera:
Afra Hämmerle
Schnitt:
Claudia Trinker
Produktionsleitung:
Michael Kitzberger
Produzenten:
Nikolaus Geyrhalter
Markus Glaser
Michael Kitzberger
Wolfgang Widerhofer
Produktion:
NGF - Nikolaus Geyrhalter Filmproduktion GmbH
Mit Unterstützung von:
BKA Kunst
Vorarlberg Kultur
Land Salzburg Kultur
Weltvertrieb:
sixpackfilm